Rechtliches, Emotionales, Medizinisches
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2. Emotionale Sicherheit
Emotionale Sicherheit
gibt es nur, wenn beide voneinander wissen, dass sie sich aufeinander
verlassen können und dass bei einer Störungsmeldung umgehend
für Abhilfe dieser Störung gesorgt wird.
Bei einem Bondage-Spiel kann es zu emotionalen Abstürzen kommen –
wie bei jeder Art intensiver Erfahrungen, die vielleicht eine ungeliebte
oder bisher vergessene alte Erinnerung hochspülen. Doch auch auf
einem niedrigeren Level kann es zu einem Absturz kommen, weil plötzlich
die Stimmung in den Keller gegangen ist. Und das kann nicht nur bei der
gefeselten person passieren, sondern auch bei demjenigen, der die Seile
schwingt.
Deshalb sollte
jeder sich darüber im Klaren sein, dass er es plötzlich mit
einem weinenden, sehr traurigen, schreienden oder sonstwie negativ reagierenden
Wesen zu tun bekommen kann. Da das in den meisten Fällen, denjenigen
trifft, der in den Seilen ist, muss es selbstverständlich für
den Aktiven sein, dass er seine Gespielin oder seinen Gespielen sofort
befreit, sich um ihn kümmert, ihn umsorgt, bereit zu einem Gespräch
ist. Nur gemeinsam kann man die unangenehme Erfahrung aufarbeiten (soweit
das in einem Gespräch möglich ist).
Diese emotionale
Sicherheit ist eine der Grundvoraussetzungen für ein vertrauensvolles
Bondage-Spiel. Es ist die Hängematte in die sich das "Opfer"
lehnen kann, in dem sicheren Wissen, da ist jemand, der ihn hält.
Ein Satz wie »Ich bin nicht Dein Therapeut.« ist da kontrapunktiv.
Wer nicht bereit ist, sich auch emotional auf seine Partnerin oder seinen
Partner bei einem Bondage-Spiel einzulassen, sollte die Finger von diesen
Erfahrungen lassen. Eine Bondage-Session ist kein One-Night-Stand.
Wichtigste Regel nach Abbruch einer Session sollte sein:
Geduld und Zeit und keine Schuldzuweisungen! Gerade die Belastung, die
eine Beziehung durch den Abbruch einer quasi sexuellen Situation erlebt,
kann als Chance genutzt werden, um noch mehr gegenseitiges Vertrauen zu
entwickeln. Natürlich ist es schlau, egal wie lieb einem das gerade
ist, den Initialreiz eines Absturzes zu vermeiden, wenn man ihn kennt.
Regeln, bis zu welchem Punkt jemand ›bei der Stange‹ bleiben
sollte, können nur individuell von Beiden aufgestellt werden. Wo
einer es genießt, wenn die Stellung unbequem oder schmerzhaft ist,
kann das für die andere genau der Punkt sein, an dem sie aussteigt.
Ein »Stell Dich nicht so an!« ist da jedenfalls nicht der
richtige Weg, den Passiven über die Grenze zu locken. Und um das
Locken geht es ja, wenn man versucht, den anderen ein bisschen enger oder
länger in der Fesselung zu lassen.
Auch ohne Absturz und auch wenn alles geglückt ist, beide Partner
zufrieden und entspannt sind, ist es sinnvoll die Situation mit einem
Erfahrungsaustausch ausklingen zu lassen. (»Wie war das, als ich
das Seil so eng um Deine Hüfte geschlungen habe? Was hast Du gedacht,
als ich die Augen schloß, während Du meine Hände fesseltest?«).
Schließlich will man ja besonders nach einem schönen und intensiven
Spiel eine Wiederholung. Und nur durch die Rückmeldungen, die wir
von unserer Partnerin oder unserem Partner erhalten, können wir lernen,
Dinge besser zu machen oder anders. Es ist dieses Wechselspiel aus Rückmeldung
und Eingehen auf diese, die einen Aktiven erst zu einem guten Fessler
machen. Und eben nicht die Technik allein.
Und nicht vergessen,
die schönste Verbindung ist die Liebe!
(Aus "Das
Bondage-Handbuch" von Matthias T. J. Grimme, copyright 1999/2011
by Charon Verlag)
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