Von Seilen umarmt – Bondage Workshop in Hamburg
Vom 14.10.2016 bis 16.10.2016 besuchten wir in Hamburg
den Anfängerworkshop „Von Seilen umarmt und gehalten“
bei Matthias und Nicole im Keller der Boutique Bizarre zusammen mit
drei anderen Paaren.
Ausgangssituation
Nach über 28 Jahren meist glücklicher Ehe samt drei wunderbaren
und inzwischen erwachsenen Kindern, hatte sich bei uns in der Ehe ein
Alltag eingefahren oder eingeschlichen, der uns zu wunderbaren Freunden
machte, so wie mensch sich ein älteres und eigentlich auch glückliches
Ehepaar vorstellt. Was auf dem Weg völlig untergegangen ist, war
das Begehren des Anderen, die erotischen Komponenten, der Blick und
das Behandeln des Partners als begehrenswerte Frau oder begehrenswerter
Mann. Wir haben über Erotik oder Sex, auch in früheren Jahren,
nie gesprochen. Das führte auf meiner Seite dazu, dass ich mich
im Laufe der Jahre im Reich der Fantasie einer schon immer vorhandenen
Neigung zu Fesselungen und einer gewissen Art Demut zuwendete. Die zumindest
teilweise Offenlegung der Fantasien führte zunächst zu einer
Krise in unserer Partnerschaft, aber auch zu teilweise sehr emotionalen
und tiefergehenden Gesprächen über uns, unsere Zukunft, unsere
Wünsche und wir stehen da noch immer ziemlich am Anfang. Meine
Partnerin hat in dieser Richtung zwar überhaupt keine Fantasien
und Neigungen, da aber sozusagen der Deckel vom Topf bei mir heruntergefallen
ist, war sie bereit, sich darauf einzulassen, es einmal kennenzulernen
und auszuprobieren. Eine ganz mutige Entscheidung über die ich
sehr dankbar bin. Deshalb also der gemeinsame Workshop.
Freitag 20.00 bis 23.00
Etwas angespannt, aber doch auch sehr neugierig was da auf uns zukommt,
waren wir zunächst vom eher kleinen Raum überrascht, doch
half dieser Raum dabei, dass zum einen sich die Paare untereinander
besser kennenlernten und zum anderen auch Nicole oder Matthias innerhalb
von Sekunden bei jeder Frage (und sei diese nur mit den Augen gestellt)
sehr schnell zur Stelle waren. Deshalb empfanden wir im Nachgang auch
den Raum als positiv.
Mit der Einführungsrunde wurde uns ein wenig an Stress genommen,
da wir nicht das einzige Paar waren, was völlig ohne Erfahrung
angereist war. Recht schnell wurde noch am ersten Abend nach einem theoretischen
Teil auch der Grundknoten besprochen und geübt. Es war eine sehr
konzentrierte aber durchaus entspannte und auch sehr offene Atmosphäre.
Grundlage
Sehr bewusst habe ich den Kurs bei Matthias gebucht. Sicher auch basierend
auf Empfehlungen von Menschen denen ich vertraue, aber auch weil ich
mir durch seine Seite, seine Posts, etc. ziemlich sicher war, dass es
ihm dabei nicht um die Vermittlung von Technik (die gehört natürlich
dazu), sondern um gegenseitige Kommunikation und Freude geht. Also in
erster Linie um die Schönheit meines Fesselpartners und nicht um
die Schönheit des Knotens (was sich natürlich nicht ausschließen
muss). Zitat von Silke Niggemeier: „Berühren Sie einander
mit Körper, Blicken, Worten. Lassen Sie Kontakt entstehen –
als Geschenk füreinander.“ Der Titel des Kurses: „Von
Seilen umarmt“ passt sehr gut zu diesem Zitat und als verbindendes
Element.
Samstag 10.00 bis 14.00 und 16.00 bis 20.00
Nach einer kurzen Feedbackrunde versuchten wir das gestern erlernte
abzurufen, was in den meisten Fällen überraschenderweise schon
ganz gut funktionierte. Damit Kopf und Hände beschäftigt blieben,
kam ein zweites Seil und der Verbindungsknoten hinzu, gefolgt von einem
dritten Seil und den ersten Möglichkeiten bei der Frage was tun
mit dem Rest eines Seils. Die Stimmung in der Gruppe war zwar nach wie
vor entspannt, oft auch humorvoll, aber sogar noch konzentrierter als
gestern. Der Oberkörperfesselung folgte eine kurze Einführung
über das Hängeseil, kleine Seilkunde, Möglichkeiten der
Befestigung, kurze Vorführung und schwuppdiwupp war mensch wieder
im kalten Wasser und probierte es selbst. Dabei hat es uns sehr gut
gefallen, dass immer wieder von vorn begonnen wurde, meint, nach dem
Ende einer Übung wurden die Seile wieder entfernt und es wurde
komplett neu aufgebaut. Damit stellt sich dann automatisch die Wiederholung
und eine kleine erste Routine ein. Es schloss sich vor der Pause zur
Entspannung eine kleine freie Fesselrunde an.
Nach der Pause folgten nahtlos weitere Übungen, wie das befestigen
der Hängeseile an den Füßen und es gab dann relativ
schnell den ersten „Flug“. In meinem Fall hatte sich meine
Partnerin für ein Festmachen am Rücken entschieden und es
war wunderbar. Im Anschluss wurden die Wünsche der Teilnehmer berücksichtigt,
während wir beispielsweise die Oberkörperbondage samt Hängeseil
widerholten, versuchten sich andere Paare an anderen Spielarten und
die Augen von Matthias und Nicole waren überall, ständig am
Verbessern, am Tipps geben, am Beruhigen und Loben. Witzig fand ich
auch die Unterschiede bei den beiden, zum Beispiel bei der Frage was
tun mit den Resten vom Seil. Der eher pragmatische Ansatz von Matthias
oder der spielerisch-ästhetische Ansatz von Nicole. Auch eine weitere,
gar nicht so einfache Entspannungsübung mit freiem Spielen (die
Details verrate ich nicht), änderte nichts daran, dass bis zum
Ende fleißig geübt und ausprobiert wurde.
Stimmung und gemeinsames Essen
Obwohl es Unterschiede im Können gab, war das weder für die
Paare noch für die sehr flexiblen und aufmerksamen Lehrer ein Problem.
So waren wir beispielsweise in diesem Fall das einzige Pärchen,
was sich wechselseitig fesselte, bei den anderen Paaren war es, zumindest
in diesem Kurs, die „Mann fesselt Frau“ Variante. Damit
haben wir natürlich etwas mehr Zeit benötigt und wie schon
geschrieben, es gab sowohl von den Paaren als auch von den Lehrern hierzu
nur Ermutigungen, kein böser Blick, kein Drängeln, es war
ein intensives, achtsames und respektvolles Klima innerhalb der Gruppe.
Dazu passte, dass alle Paare das Angebot von Nicole und Matthias für
ein gemeinsames Essen dankbar annahmen. Wir kamen so auch einmal länger
über andere Dinge ins Gespräch und wir haben den gemeinsamen
Abend sehr genossen.
Sonntag, 10.00 bis 13.00
Wir begannen erneut mit einer kleinen Feedbackrunde, jedes Paar durfte
auch den Wunsch für heute äußern, d.h. was sollte noch
gezeigt oder geübt werden. So ganz am Rande die kleine Anmerkung,
es gab immer wieder auch kleinere Pausen (Raucherpause oder z.B. ein
Schluck von meinem Lebenselixier – Kaffee). Meine Partnerin wollte
mir noch einmal das Vergnügen des Fliegens gönnen –
das aber auch selbst einmal erleben. Während Sie schon sehr sicher
agierte und kaum Korrekturen durch Nicole oder Matthias notwendig waren
und ich dieses Mal mit einem seitwärts befestigten Hängeseil
fliegen durfte, tat ich mich schon bei der Grundlage der Oberkörperbondage
sehr viel schwerer. Ohne die Hilfe von Nicole wäre das ein Desaster
gewesen, aber so konnte auch meine Partnerin einmal das Gefühl
dafür bekommen zu schweben. Uns allen merkte man vor allem in der
letzten Stunde an, wie anstrengend die Tage waren, aber auch wie schnell
diese an uns vorbeigehuscht sind. Entspannt haben wir uns übrigens
danach beim Einkaufen in der Boutique Bizarre – der Sonntag um
diese Zeit ist dafür ideal….
Fazit: Kurs
Ich denke es wurde im Text schon deutlich, dass ich nur DANKE sagen
kann und den Kurs aus vollem Herzen und mit reinem Gewissen empfehlen
kann. Was vielleicht bislang nicht so deutlich herausgekommen ist, Nicole
war kein schmückendes Beiwerk, sondern hat als Lehrerin (sorry
Matthias – nur mein Eindruck), noch ein kleines Quäntchen
mehr die Gabe auf etwas unsichere Menschen einzugehen. Wie die beiden
als Team agiert und auch miteinander gespielt haben, hat mir sehr gefallen
und ich freue mich darauf, die beiden wiederzusehen.
Fazit: Was nehmen wir mit
Vor dem Wiedersehen müssen wir üben und üben und üben.
Wer glaubt, nach den drei Tagen nach Hause zu fahren und alles zu können,
für den wäre es definitiv das falsche Seminar. Um das in unseren
Alltag einzubauen, haben wir uns feste Übungs- aber auch Spielzeiten
vorgenommen – ohne diese „Termine“ würde das
Gelernte wieder im täglichen Treibsand untergehen. Wir sind glücklich
mit unserer Entscheidung den Kurs gemeinsam besucht zu haben und können
das nur jedem empfehlen der neugierig genug ist, das auszuprobieren.
Die erste Übung zu Hause ist inzwischen Geschichte und wir haben
dabei sehr viel miteinander gespielt und gelacht. „The most beautiful
thing is to see a person you love smiling. And even more beautiful is
knowing, that you are the reason behind it.” Momentan kommen wir
aus dem gegenseitigen „Smile“ gar nicht mehr heraus….
Stefan Handschlag