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Infos, Tipps & Tricks und Mehr
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Rechtliches
Rechtliches,
Emotionales, Medizinisches
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1.2. Bondage Verträge
Verträge im SM-Bereich - immer eine kritische Sache.
Sklavenverträge beispielsweise, mit denen der devote Partner seine
weitgehende oder vollständige Rechtlosigkeit einräumt und dem
dominanten die Macht über sich gibt, sind nicht einmal das Papier
wert, auf das man sie schreibt bzw. ausdruckt.
Sie verstoßen gegen die guten Sitten; denn das freie Selbstbestimmungsrecht
ist einer der Grundpfeiler unserer Rechtsordnung. Und auf einen Grundpfeiler
kann der einzelne nicht verzichten - selbst wenn er im Einzelfall der
Begünstigte dieser Einrichtung sein sollte -, denn es darf niemand
in der Hand haben, durch Manipulieren eines Pfeilers womöglich das
ganze Gebäude zum Einsturz zu bringen.
Diese Praxis hat auch eine gewisse Logik.
Wer wirklich nicht frei bestimmen kann, kann wirksam auch keine Verträge
schließen.
Also kann der devote Partner entweder frei bestimmen - dann ist der Sklavenvertrag
eine Lüge und deshalb nichtig.
Oder er kann es nicht - dann kann ohnehin kein von ihm abgeschlossener
Vertrag wirksam sein.
Von daher mögen Sklavenverträge für ein erotisches Spiel
ganz reizvoll sein, und dem dominanten Partner auch genügend Gründe
für eine "Bestrafung" verschaffen - rechtlich sind sie
allerdings völlig unerheblich, und ihre Inhalte sind nicht einklagbar.
Etwas anderes gilt jedoch für die grundsätzliche Einwilligung
in SM-Spiele. Eine solche ist wirksam möglich - und sie kann auch
zur Absicherung schriftlich festgehalten werden. Dieses Stück Papier
ist dann nicht nur das, nicht nur ein Stück Papier, sondern ein Beweismittel,
das im Falle eines Strafverfahrens möglicherweise einige peinliche
Fragen erspart und zu einem schnelleren Ende der Untersuchung führt.
Bei den Spielen nämlich, bei denen die körperliche Unversehrtheit
des devoten Partners angetastet wird - und das ist eigentlich schon bei
der kleinsten, schnell wieder verschwindenden Druckstelle von einem Bondageseil
der Fall -, die also an sich den Tatbestand der Körperverletzung
verwirklichen, stellt eine solche Einwilligung einen Rechtfertigungsgrund
dar, der die Strafbarkeit entfallen lässt. Und wieviel praktischer,
wenn sich diese Straflosigkeit so leicht nachweisen lässt wie durch
die Unterschrift des Partners.
Ein ganz besonderes Bedürfnis für eine solche Absicherung besteht
womöglich im Rahmen von Bondagespielen. Die beispielsweise mit einer
Suspension verbundenen Gefahren auch dauerhafter Verletzungen sind nicht
zu unterschätzen. Dies gilt selbst dann, wenn der aktive Partner
überaus sorgfältig und nach allen Regeln der Kunst inklusive
etlicher Sicherheitszuschläge vorgeht.
Eine solche Absicherung lässt sich nicht als todsicherer Garantieschein
erreichen, aber sie ist grundsätzlich - mit gewissen Einschränkungen
- möglich.
Allerdings haben wir es hier mit einer ganzen Reihe von Problemen zu tun.
Eines der Hauptprobleme ist, dass in Rechtsprechung und Lehre dieses Problem
bislang noch nicht umfassend und schon gar nicht abschließend diskutiert
worden ist. Deshalb kann ich lediglich allgemeine juristische Grundsätze
für eine Lösung heranziehen - ohne sicher sein zu können,
ob ein Richter der Argumentation im Ernstfall folgen würde. Nun ist
es aber so, dass eine nicht ganz hundertprozentige Absicherung immer noch
besser ist als gar keine - und auch wenn die schriftlich vorliegende Einwilligung
des Modells vielleicht nicht alles abdecken sollte, ist sie doch immer
ein starkes Indiz für die Rechtmäßigkeit des Bondagespiels
und so eine gewisse Hilfe.
Gerade angesichts der Gefahren einer Suspension würde mir als Juristin
ein sozusagen generelles Einverständnis mit jeder Form der Bondage
als Haftungsausschluss nicht ausreichen. Hier muss zumindest immer auch
nachweisbar sein, dass dem Bondagemodell die bestehenden Gefahren überhaupt
bekannt waren. Ähnlich den Grundsätzen bei der Haftung der Ärzte,
die ebenfalls nur dann entfällt, wenn eine ausreichende, realistische
und wahrhaftige Aufklärung über die Gefahren eines bevorstehenden
ärztlichen Eingriffs erfolgte.
Nun ist es nicht nur mühsam, sondern der Spontaneität und dem
Spaß an der Sache mehr als abträglich, vor jeder Session sozusagen
jeden Handschlag mit seinen möglichen Gefahren abzusprechen und dies
auch noch schriftlich festzuhalten. Eine gewisse Allgemeinheit in der
Formulierung ist durchaus zulässig - nur sollte eben daraus doch
klar hervorgehen, dass der devote Partner weiß, worauf er sich bei
einer Bondagesession einlässt.
Eine weitere Schwierigkeit ist, dass man es in diesem Bereich zumindest
am Rande immer mit dem Problem der Sittenwidrigkeit zu tun hat. Da die
Auslegung dieser Generalklausel im Einzelfall Sache der Justiz ist, lässt
sich nicht immer vorhersehen, was konkret als Verstoß gegen die
guten Sitten angesehen werden kann und was nicht. Erfreulicherweise sind
SM-Spiele und Bondage inzwischen aber psychologisch eindeutig aus der
Welt des Krankhaften und juristisch aus der des per se Sittenwidrigen
herausgewachsen - diese Gefahr ist deshalb nicht ganz so groß, wie
es oft befürchtet wird.
Nicht zuletzt kann ein Staatsanwalt durchaus auf die Idee kommen, wer
sich schriftlich absichert, zeigt damit nur, ihm ist die Größe
und Schwere der bestehenden Gefahren besonders bewusst - was unter Umständen
sogar ein Strafschärfungsgrund wäre.
Alles gar nicht so einfach, wie man sieht.
Dann kann gerade bei einer Session etwas schief gehen und zu einer Verletzung
des Modells führen, die - vielleicht nur aus übergroßer
Lust - aus dem Ruder gelaufen ist. In einem solchen Fall zählt eine
generelle Einwilligung wenig. Hier hängt alles davon ab, was warum
und wie nicht so gelaufen ist wie geplant - und was diejenige bzw. derjenige
dazu sagt, der die nachteiligen Folgen zu tragen hat, also einen gesundheitlichen
Schaden.
Und damit sind wir beim Kernpunkt der ganzen Sache. Solange das Modell
die Session überlebt, steht einer Bestätigung der Einwilligung
per Zeugenaussage eigentlich nichts mehr im Weg - und damit werden die
meisten Strafverfahren rasch ein Ende finden. Eine schriftliche Erklärung
ist demnach eigentlich überflüssig.
Sofern es überhaupt zu einer strafrechtlichen Untersuchung kommt
- denn im Zweifel haben die Bondagepartner es selbst in der Hand, was
geschieht. Die Staatsanwaltschaft muss von jeglicher Verletzung und deren
Ursache erst einmal Kenntnis erhalten. Selbst wenn man nach einer missglückten
Session zum Arzt geht, darf der wegen seiner Schweigepflicht den Staatsanwalt
nicht (ohne weiteres) informieren. Falls also keiner der Beteiligten selbst
zur Polizei oder Staatsanwaltschaft geht - wie sollten diese davon erfahren?
Das ist eigentlich der beste Schutz.
Solange - ja, solange der passive Partner sich die Sache nicht während
oder nach der Session anders überlegt und gerade die-/derjenige ist,
der Anzeige erstattet. Und damit sind wir bei einer Binsenweisheit aus
der juristischen Praxis angekommen: Die besten Verträge helfen nichts,
wenn die Partner sich zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr einig
sind. Obwohl sie genau für diesen Fall geschlossen worden sind. Im
Zweifel wird dann aber jeder behaupten, es sei alles ganz anders (gemeint)
gewesen.
Man kann deshalb nur versuchen, im Rahmen des Vorhersehbaren eine gewisse
Absicherung zu schaffen.
Dabei würde ich folgende Dinge betonen:
· Die Partner lieben sich,
· Und betreiben im Rahmen ihrer erotischen Spiele auch Bondage
(aktiv/passiv/switch - das muss genau klargelegt werden).
· Dies geschieht auf Seiten des passiven Partners jeweils absolut
freiwillig und mit vollem Einverständnis.
· Die mit einer/jeder Bondage verbundenen Gefahren sind den Partnern
bekannt und bewusst.
· Sollte sich eine solche Gefahr realisieren, so deckt nicht nur
die Einwilligung des passiven Partners auch diese Folge im Sinne einer
strafrechtlichen Einwilligung,
· sondern gleichzeitig verzichtet er auch ausdrücklich auf
sämtliche sich daraus womöglich ergebenden zivilrechtlichen
Schadensersatzansprüche und stellt den anderen von solchen Ansprüchen
frei.
· Bei Name, Adresse, Unterschrift sollte sodann das Geburtsdatum
deutlich vermerkt sein, damit die Volljährigkeit klar wird. Unterschreiben
sollten sodann den Vertrag immer beide, auch wenn nur einer aktiv ist.
Das mit der Liebe ist eigentlich ebenso überflüssig wie das
mit dem Ausschluss zivilrechtlicher Ansprüche.
Aber: Die Gefühle schaffen eine auch rational nachvollziehbare Begründung
dafür, warum zwei Menschen die bekannten Gefahren bei einer Bondage
überhaupt eingehen.
Für den Fall öffentlicher Performances, bei denen Liebe ja
weniger eine Rolle spielt, sollten entsprechend die Beweggründe kurz
geschildert werden, aus denen ein Modell sich auf diese Vorführung
einlässt.
Der Ausschluss zivilrechtlicher Ansprüche betont sodann als Indiz,
dass es den Partnern ernst ist - in dem Bereich, in dem sie allein bestimmen
können. Denn während der Staatsanwalt außer im Fall der
einfachen Körperverletzung sobald er Kenntnis erhalten hat von Amts
wegen tätig wird, liegt die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche
allein im Initiativrecht der Parteien. Und daraus folgt die Vermutung:
Wer freiwillig auf Schadensersatz verzichtet, bei dem liegt der Verdacht
doch sehr nahe, dass er auch mit der Bondage einverstanden war. Und im
Strafrecht werden sämtliche Umstände mit berücksichtigt,
also auch solche Indizien.
Das sind die Dinge, auf die es ankommt. Wie man die Einwilligungserklärung
im einzelnen formuliert, bleibt einem selbst überlassen. Am besten
versucht man dabei -
nicht, sich so auszudrücken, dass es juristisch klingt - sondern
schreibt die Dinge einfach so hin, wie man sie einem Freund gegenüber
formulieren würde. Juristische Redewendungen können falsch und
missverständlich benutzt werden; wer einfach klar sagt, was er denkt,
und was er will, geht diese Gefahr sehr viel weniger ein.
P.S. Ein kleiner, aber notwendiger Hinweis: Natürlich ist mit all
diesen Ausführungen keine Garantie für die Vollständigkeit,
Richtigkeit und Duchsetzbarkeit verbunden. Also alles - wie die Lottozahlen
- ohne Gewähr.
Irena Böttcher mit freundlicher Genehmigung von www.circle.de
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