|
Letter from Tokyo 5 - Osada Steve Von Dr. D. Vice Eigentlich hätte ich mich gerne selbst interviewt. Da bräuchte ich nicht in rauchigen Bars rumzuhängen oder im Halbseiden-Milieu nach neuen Stories zu jagen. Nun ist es mir aber gelungen, einen Termin mit Osada Steve zu bekommen. Das ist gar nicht so einfach, denn seit der in Tokyo ansässige deutsche Fotograf namens "Darf ich nicht verraten" die Nachfolge seines 2001 verstorbenen Meisters und Mentors Osada Eikichi angetreten hat, kommt man kaum noch an ihn ran. Für Uneingeweihte sei hier kurz erwähnt, daß Osada Eikichi der Pate des japanischen Bondage war, der öffentliche Auftritte dieser Kunstgattung aus der Taufe gehoben und in einer dreißigjährigen Karriere salonfähig gemacht hatte. Dr. D. Vice: "Ein Deutscher als offizieller Nachfolger eines japanischen Bondage-Meisters, das passiert nicht alle Tage." Osada Steve: "Kein Grund zur Aufregung. Das hat sich einfach so ergeben, weil ich Osada Senseis einziger Deshi (Schüler, der direkt von seinem Meister lernt) war." Dr. D. Vice: "Wie ist es denn dazu gekommen?" Osada Steve: "Ich hatte Osada Eikichi vor Jahren eine Show in der Mistress-Bar vermittelt. Eines Abends hatte er mich gebeten, den Seilzug zu bedienen. Da wird ein gefesseltes Mädchen eingehakt, und dann mußt du ziehen wie verrückt. Und während sie da hängt und zappelt, bekommt sie ganz tüchtig was mit der Peitsche und jede Menge Kerzenwachs. Bevor ich mich versah, habe ich dann jeden Abend den Assistenten gemacht. Seine Show dauerte damals 40 Minuten, und da ist immer eine ganze Menge abgelaufen. Oft bin ich aber nur kurz gekommen, habe mein Ding gemacht und bin dann wieder weiter. Es gab schon Tage, wo ich erst bei einem Bondage-Seminar ausgeholfen hatte, dann schnell ans andere Ende der Stadt, um die Braut in der Mistress-Bar an die Decke zu ziehen, dann weiter, um mit Akechi Denki aufzutreten. Da war immer irgend etwas los. Osada Eikichi, Osada Kazumi (seine Bühnenpartnerin) und ich haben dann 2000 unseren eigenen Laden aufgemacht." Dr. D. Vice: "Osada Eikichi hatte ja den Ruf, der schnellste Bondage-Meister aller Zeiten zu sein." Osada Steve: "Also jetzt, wo ich seine Show praktisch nachbastele, habe ich das mal aufgelistet und bin auf 32 Schritte gekommen - Techniken, wenn man so will -, die Osada innerhalb von 40 Minuten hingelegt hat. Da sind allein vier verschiedene Tsuri Waza (Hängetechniken) darunter. Wohlgemerkt: Das ist das Arrangement, das er im Alter von 75 Jahren durchgezogen hat. Vor 20 oder 30 Jahren war er natürlich noch schneller. Sein Speed ist wahrscheinlich mit dafür verantwortlich, daß niemand mitbekommen hat, wie sich die einzelnen Techniken zusammenbauen. Es gibt da noch einen Japaner, der in den Osada-Stil eingeweiht wurde. Aber der hat einen wichtigen Job bei einer renommierten Firma. Der gibt keine Auftritte." Dr. D. Vice: "Osada Steve ist also der einzige, der die Tradition des Osada-Stils aufrechterhält?" Osada Steve: "In gewisser Weise schon. Dazu muß ich jedoch sagen, daß Osada Eikichi in den letzten Jahren der einzige Performer war, der nicht mit Asanawa (Hanfseil) gearbeitet hat. Der Trend ist heute mehr weg von einstudierten Auftritten und hin zum Play-Bondage, wo mehr oder weniger improvisiert wird. Deshalb mache ich die Osada-Show nur noch zu speziellen Anlässen; zum Beispiel letzten November auf einer Gedenk-Performance." Dr. D. Vice: "Das war im Roppongi Jail. So viele ehrwürdige Meister auf einem Haufen sieht man selten." Osada Steve: "Ja, das fand ich gut. Viele bekannte Bondage-Meister haben Osada Eikichi damals ihre letzte Ehre erwiesen. Das war auch gleichzeitig mein Debüt als Nachfolger. Eigentlich war angesagt, daß ich drei Auftritte habe. Aber der Laden war so voll und es ging alles drunter und drüber: Zum Schluß habe ich nur die Osada-Show abgezogen - der Höhepunkt des Abends sozusagen." Dr. D. Vice: "Da war doch auch noch die Session mit der Reitgerte." Osada Steve: "Ach ja, die erste Performance. Also die Idee war, den VIP-Gästen meine Asanawa-Seilkünste vorzuführen. Als ich gerade dabei war, das fünfte Seil anzulegen, hat sich herausgestellt, daß das Mädchen, das man mir da gebracht hatte, besessen war. Zum Glück hatte ich meine Peitschen-Kollektion zur Hand, und es ist mir auch gelungen, ihr den Teufel auszutreiben. Allerdings war danach dann nicht mehr viel mit Bondage." Dr. D. Vice: "Osada Steve als Exorzist?" Osada Steve: "Na ja, in diesem Metier muß man hin und wieder alle Register ziehen. Zum Bondage-Master kommen eben nicht nur Leute, die gefesselt werden wollen, sondern Masochisten, die einem ein größeres Repertoire abverlangen." Dr. D. Vice: "Osada-Seminar, für wen ist das eigentlich? Hört sich fast so an, als ob man dort was lernen könnte." Osada Steve: "Also Kazumi und ich führen jetzt den Laden weiter. Ich sage Laden, denn es ist weder eine Bar noch ein Club. Samstags finden dort Shows statt, und mittwochs haben Mitglieder Gelegenheit, unsere Modelle zu fesseln. Und an den Tagen dazwischen ist immer irgendein Programm. Und natürlich kann man Kazumi, mich oder diverse Mistresses für Privatsessions buchen. Also "Seminar" ist eigentlich nur mittwochs." Dr. D. Vice: "Was kommen da so für Leute?" Osada Steve: "Da kommt alles. Vom neugierigen Besucher, der heute auf SM macht und morgen Tantra-Sex versucht, bis zur alleinstehenden Masochistin, die mal wieder die Peitsche braucht. In letzter Zeit buchen viele Männer den Bondage-Marathon-Kurs. Da werden sie dann 12 Stunden lang gebondaged. Gestern war einer da, der kam im Frauenkimono. Sah ganz gut aus, und gestöhnt hat er wie eine Frau." Dr. D. Vice: "Alleinstehende Masochistinnen? Soll das heißen, es kommen Frauen, die dafür bezahlen, gefesselt zu werden?" Osada Steve: "Und ob. Zwar mag Japan als die Wiege
des Kinbaku (japanisches Bondage) gelten, aber man vergißt dabei
oft, daß zum Fesseln wesentlich mehr Erfahrung gehört als
bei vielen anderen Spielarten des SM. Selbst in Japan sind solche, die
sich auf das Seilspiel verstehen, sehr dünn gesät. Eine Frau,
die gefesselt werden möchte, kann da nicht den nächstbesten
Macker fragen. Es kommen aber auch viele Paare zu uns mit dem Ziel,
daß die Frau von mir gebondaged wird. Finde ich eigentlich cool,
wenn der Mann aufgeschlossen genug ist, seiner Frau auf diesem Wege
ihre Sehnsüchte zu erfüllen." Dr. D. Vice: "Was heißt "Hardo OK"?" Osada Steve: "Das heißt, daß die Frau einiges einstecken kann." Dr. D. Vice: "Und wieviel ist das?" Osada Steve: "Das wird sich im Verlaufe der Session zeigen." Dr. D. Vice: "Was für eine Session?" Osada Steve: "Die Frau hat für drei Stunden gebucht." Dr. D. Vice: "Osada Steve, der Bondage-Dressman?" Osada Steve: "Haha. Also bumsen werde ich sie nicht." Dr. D. Vice: "Aber es bestünde die Möglichkeit." Osada Steve: "Na klar. Sonst wäre sie wohl kaum hier." Dr. D. Vice: "Also doch." Osada Steve: "Ich kann doch nicht jede Frau bumsen,
die hier reinkommt. Das erledigt alles Dr. D. Vice: "Verstehe vollkommen. Viel Spaß
bei der "Arbeit"."
|