Fesselstunde
Es ist dunkel, dunkelgrau, um genau zu sein. In dem kleinen
Kellerraum drängen sich dicht an dicht Gestalten auf zierlichen Stapelstühlen.
Die graue Wandfarbe reflektiert nur einen kleinen Teil des ohnehin spärlichen
Lichts. Das einzig glitzernde ist ein spinnenbeinartiges Metall-Gestell in
der Mitte des Raumes, der früher einmal Insidern als schmuddeliges Pornokino
bekannt war. Im Zentrum der Edelstahl-Spinne hängt ein silberner Ring,
über dessen Bedeutung die Anwesenden leise spekulieren.
Der Raum ist aber noch mit deutlich mehr gefüllt: gefüllt mit gemischten
Gefühlen, Spannung, Erwartung und Ungewissheit. Hier werden gleich Dinge
geschehen, die in unserer Gesellschaft nur im Verborgenen existieren, über
die man nicht öffentlich spricht, aber an die der eine oder andere doch
schon mal heimlich denkt.
Und da steht er nun, Matthias Grimme, der Große Meister, ganz in schwarz
und spricht mit sehr leiser Stimme. Die Anwesenden müssen sich sehr konzentrieren,
um alles zu verstehen und so sinkt der ohnehin schon sehr gedämpfte Lärmpegel
auf ein Minimum.
Alle horchen gespannt auf die notwendig langen Ausführungen, um ja nichts
Wichtiges zu verpassen. Alles könnte schließlich wichtig sein,
aber zusammenfassend sagt Matthias, drei Dinge:
1. Bondage ist Freiheitsberaubung, macht aber nichts, wenn es einvernehmlich
geschieht. Es sei, man befindet sich in Russland oder England.
2. Verletzt euren Partner nicht.
3. Man braucht nur einen Knoten.
Und dann noch was über Seile, Nervenbahnen und mehr oder weniger geile Gefühle, die während, nach und vor dem Fesseln unser Tun steuern und begründen.
Tja, alles klar?
Wer traut sich? Nicole, die Partnerin von Matthias, traut sich
und zieht sich vor den Augen des staunenden Publikums nackt aus. Einfach so.
Ihre üppige, weibliche Pracht verschlägt so manchem Teilnehmer den
Atem, eine ziemlich dünne junge Frau schaut sogar etwas neidisch an sich
herunter ...
Doch für lange Vergleiche bleibt keine Zeit. Mit wenigen professionellen
Handgriffen hat Matthias Nicoles Hände fixiert, einen Brustharness gebunden
und dann auf die Schnelle noch ein „Ausgeh-Höschen“ aus 6-mm-Hanf.
Sieht klasse aus – und so einfach. Die kleine Show hat aber noch einen
ganz anderen und viel wichtigeren Nebeneffekt: Die soeben noch sehr schüchternen
Bondage-Schüler sind plötzlich locker, die Blicke werden kecker
und es kommen auch schon die ersten Fragen und Knoten-Versuche.
Also ran die Seile und losgeknotet! Und vieles, was zuerst so einfach aussah,
erweist sich plötzlich am lebenden Objekt als schwieriger als gedacht.
Selbst der normale einfache „Hausfrauen-Knoten“ will einfach nicht
gelingen. Zum Glück sind Nicole und Matthias hilfreich und geduldig zur
Stelle und Schritt für Schritt wird der mitgebrachte Fessel-Partner fixiert.
Der Erfolg wird mit breitem Grinsen überprüft – die Knoten
halten, der Spaß kann beginnen!
Aber nur eigentlich erst, denn beim zweiten Versuch ohne Hilfe fallen die
Seile schlaff zu Boden – falscher Knoten, wieder heißt es üben!
Aber so nach und nach klappt das Fesseln immer besser. Und nachdem drei Stunden
wie im Flug vorüber sind, werden die 16 hoch motivierten Bondage-Schüler
mit ihren neu erworbenen Erkenntnissen entlassen. Durchaus dankbar und glücklich,
denn sie haben jetzt etwas Besonderes gelernt, und können Dinge tun,
von denen der stinknormale Bürger nur (manchmal) träumt.
Vielleicht erscheinen sie, nachdem sie zu Hause erfolgreich ihren Partner
eingewickelt und Blut geleckt haben, aber auch wieder zum Kurs für Fortgeschrittene.
Dann nämlich kommt der silberne Ring ins Spiel, über dessen Bedeutung
die Schüler zu Beginn noch etwas mit leichtem Gruseln spekulierten ...
Click the thumbnail to see the full image.